Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann und der Virologe Prof. Hendrik Streeck haben sich heute bzw. gestern in ausführlichen Interviews den Fragen der Hörer der NRW-Lokalradios gestellt. Die Antworten liefen in Auszügen in den Programmen der 45 NRW-Lokalradios und sind in der kompletten Fassung im Podcast „Corona. Und jetzt?“ zu hören. Dieser ist neben den lokalen Websites auch auf Spotify, Deezer, Google- und Apple-Podcasts sowie Audio Now abrufbar.
Hier die wichtigsten Antworten aus beiden Interviews:
Karl-Josef Laumann:
Die erste Woche im November-Lockdown ist geschafft – wie sieht Ihre erste Zwischenbilanz aus?
„Was das Infektionsgeschehen anbelangt, kann man natürlich noch gar nichts sehen. Die Infektionen, die jetzt aufschlagen, sind ja alles Menschen, wo die Infektion wahrscheinlich vor zehn Tagen oder acht Tagen passiert ist – dazu ist es zu früh. Mein Eindruck ist, dass wir eine hohe Akzeptanz haben für das, was wir uns jetzt im November wieder gegenseitig zumuten.“
Zur Öffnung von Schulen und Kitas in NRW:
„Wir haben nach den Sommerferien den Schulstart gewagt in Nordrhein-Westfalen, der ist sehr gut gelaufen. Wir haben jetzt ja immer noch 96,97 Prozent aller Kinder in der Schule, in einem System, wo 2,5 Millionen Schüler in Nordrhein-Westfalen unterwegs sind. Also ich finde, das ist eigentlich eine Erfolgsgeschichte, dass wir trotz Corona Schule machen können. Und gemessen an den vielen Kindern, die jeden Tag zur Schule gehen, und an der Größe des Systems haben wir relativ wenig Infizierte.“
Prof. Hendrik Streeck
Wie schätzen Sie die Auswirkungen der neuen Maßnahmen ein? Könnte nicht auch das Gegenteil des beabsichtigten Effekts erzielt werden, weil Menschen sich eher heimlich privat treffen?
„Das ist zum Teil auch meine Befürchtung. Man muss natürlich sehen, dass wir die Infektionszahlen soweit runterhalten wollen, dass es keine Überbelastung des Gesundheitssystems gibt. Aber wir müssen auch über Langzeitstrategien nachdenken. Mir persönlich ist lieber, wenn sich die Menschen ,unter Aufsicht‘ im Freien treffen oder unter einem guten Hygiene-Konzept, als dass sie sich heimlich im Privaten treffen, weil man dort schwer kontrollieren kann. Und dort werden meistens Maßnahmen der Hygieneregeln nicht eingehalten.“
Welche alternativen Maßnahmen hätten Sie vorgeschlagen, um die steigenden Infektionszahlen beziehungsweise die steigenden Todesraten drastisch zu senken?
„Was wir vorgeschlagen haben, ist keine Anti-Lockdown-Strategie, sondern es ist eher eine Langzeit-Strategie. Auch nach dem Lockdown werden wir weiter über steigende Corona-Zahlen reden müssen. Und wir müssen einen Weg finden, wie wir zum einen eine Normalität zulassen können und auch Leben zulassen können, und auf der anderen Seite keine Überbelastung des Gesundheitssystems haben.
Viel wichtiger finde ich, dass wir einen Schutz der Risikogruppen haben, also der Personen, die wirklich eine Gefahr haben, einen schweren Verlauf zu haben, denn, wenn wir die besser schützen, halten wir damit auch die Krankenhäuser und die Intensivstationen frei – und am Ende reduzieren wir auch die Todesfälle. Nur auf die Intensivstationen zu gucken ist zu spät. Nur auf die Infektionszahlen zu schauen, ist aber meiner Meinung nach zu wenig. Wir können alle Faktoren mittlerweile mit einbeziehen, um die es dabei geht: Auch die stationäre Belegung – wie viele Personen von einer bestimmten Altersgruppe z. B. betroffen sind von Corona -, und das in einer Matrix darstellen und in einem Algorithmus zusammenziehen, und das wieder als eine Ampel darstellen. Das würde uns helfen, das Gesundheitssystem besser zu schützen und auf der anderen Seite würden die Maßnahmen regional besser ergriffen werden können.“
Wie beurteilen Sie grundsätzlich eine Maskenpflicht im Freien, vor allem mit Blick auf die verschärfte Maskenpflicht in Düsseldorf, wo man mittlerweile fast überall eine Maske im Freien tragen muss? Halten Sie das für gerechtfertigt?
„Masken bringen etwas, wenn man den Abstand nicht einhalten kann. Wenn man im Freien Abstand halten kann, dann gibt es auch keinen Grund, eine Maske zu tragen. Wenn man eng gedrängt durch eine Fußgängerzone geht und überhaupt nicht einen oder anderthalb Meter Abstand halten kann, dann würde sowas etwas bringen. Aber eine generelle Maskenpflicht halte ich für nicht zielführend.“
Ina Pfuhler
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